Interviews

Australien - Uruguay

Auf nach Deutschland

Die australische Nationalauswahl erreichte ihr Trainingszentrum Ochsenzoll in Norderstedt, einem Vorort von Hamburg, am 10. Juni. Das Camp ist die Heimat des erfolgreichen Bundesliga Clubs Hamburger SV. Die Mannschaft flog mit einer Maschine der Swiss Air ein und fuhr sofort mit dem Team Bus in das Trainingslager.
Das Camp wird strengstens von Polizei und Militär bewacht und der Zugang für Fremde ist sehr beschränkt.
Die Presse darf zwar hinein, aber nur einmal am Tag. Wenn die Spieler mal raus wollen, müssen sie genau angeben wo es hingeht.

World Cup 1974 Fanfare (wav-159 kb)

Trainer Rasic will die Aufstellung für das erste Spiel frühestens einen Tag vor dem Start bekannt geben. Ein Sprecher des deutschen Büros für Touristik meldet, dass etwa 2000 Fans aus Australien zur WM gekommen sind, um ihr Team zu unterstützen.
Die Aussies schauten sich die Eröffnungsfeier, für die Socceroos spielte eine Band Waltzing Matilda, und das erste Spiel West Deutschland gegen Chile am Fernseher im Trainingslager an.
Der chilenische Kapitän Francisco Valdes sagt in einem Interview, „wenn Australien die zweite Runde erreichen sollte, hänge ich meine Fußballstiefel an den Nagel und züchte Hühner.“

Trainer Rale Rasic gibt seine Anfangsformation bekannt. „Alle Spieler sind fit, keiner ist verletzt,“ sagt er. Australiens erster Weltmeisterschaftsgegner ist die DDR. Am Freitag den 14. Juni um 19:30 ist Anpfiff und Premiere für die Socceroos.

WM Spiel, Hamburg, DDR - AUSTRALIEN

Die deutsche Presse schreibt nach dem Spiel, dass Jack Reilly, Peter Wilson, Manfred Schäfer, Jimmy Rooney und Adrian Alston die besten Spieler der australischen Elf waren. West Deutschlands Co-Trainer Jupp Derwall meint, dass die Aussies konditionell sehr stark waren. Derwall war auch von den 40 Meter Einwürfen von Ray Richards beeindruckt. „Sie waren immer sehr gefährlich, wenn der Ball sich vor dem Tor senkte.“
Georg Buschner, Trainer von Ost-Deutschland meint, „Ich war von den Australiern beeindruckt. Sie spielten mit einer ausgezeichneten Organisation in der Verteidigung, waren überdurchschnittlich im Mittelfeld und sie hatten einige Angriffe, die sehr gefährlich waren. Sie spielten sehr hart, aber angemessen. Ich glaube sie werden in den restlichen Spielen nicht untergehen.“

Die deutschen Erstliga Clubs Hertha BSC Berlin und der Hamburger SV bekunden Interesse den Stürmer Adrian Alston nach der WM zu verpflichten. Auch ein Verein aus der Schweiz rief an und fragte nach einer Erlaubnis mit Adrian zu sprechen. Der HSV gibt kurze Zeit später bekannt das sie auch Branko Buljevic gerne einen Vertrag anbieten würden. Nach Gesprächen mit Alstons Club Safeway United, befand der Vorstand des HSV, dass die Ablösesumme zu hoch ist.

Den Samstag nach dem DDR Spiel haben die Australier frei.
Einige der Spieler wollen an die Ostsee fahren um sich eine Segelregatta anzuschauen. Aber kurzfristig wird die Tour abgesagt. So bleiben viele Spieler im Trainingslager, spielen Tischtennis oder Billard, einige andere fahren in die Stadt um einzukaufen.

Am Sonntag wird Vormittags eine Trainingseinheit angesetzt. Nachmittags folgen die Australier einer Einladung zu einem Barbecue. Das zweite Spiel für die Socceroos ist am Dienstag, den 18. Juni um 16:00 uhr. Gegner ist der WM Favorit West Deutschland (BRD).
In ihrem stark bewachten Trainingslager Ochsenzoll beginnt die Vorbereitung für dieses schwere Spiel. Einzige Beobachter sind die mit Maschinengewehren ausgerüsteten Sicherheitskräfte.

Jeder im Quartier freut sich auf das Treffen gegen diesen Fußballgiganten. “Wir haben nichts zu verlieren,” meint Trainer Rasic. Johnny Warren verletzte sich gegen die DDR und wird in der Startformation durch Ernie Campbell ersetzt werden.
Manfred Schäfer wird gegen Gerd Müller spielen. „Seit Wochen bereite ich mich schon auf dieses 90 Minuten Duell vor. Sollte Müller kein Tor gegen uns schießen, wäre das der größte Erfolg in meiner ganzen Karriere,“ sagte Schäfer.

Am Spieltag aßen die Australier um 13:00 zu Mittag. Es gibt Steaks mit Salat, Orangensaft und Mineralwasser. Danach verlassen die Socceroos gegen 14:30 das Trainingszentrum Ochsenzoll mit ihrem Mannschaftsbus und fahren in Richtung Hamburger Volksparkstadion.

WM Spiel, Hamburg, WEST DEUTSCHLAND - AUSTRALIEN

West Deutschlands Kapitän Franz Beckenbauer war nach dem Spiel gegen Australien so verärgert, das er nicht sein Trikot mit Peter Wilson tauschen wollte. In der Pressekonferenz fragen Reporter den Australier zu dieser Situation. „Wenn Herr Beckenbauer sein Trikot behalten will, dann soll er das machen,“ antwortet Wilson. Es stellte sich allerdings heraus, dass es keine persönlichen Gründe gab. Vor dem Anpfiff hat Stürmer Adrian Alston Beckenbauer gefragt, ob er nach dem Ende des Spieles das Shirt von ihm haben kann, dieser stimmte zu.
Für ihr letztes Spiel müssen die Socceroos Hamburg verlassen. Jeder mochte die Australier. „Sie waren immer freundlich,“ sagte der deutsche Chefkoch Ernst Kreuz. „Sie waren mit dem Essen sehr zufrieden, meist gab es Steaks mit Salat und dazu viele Früchte. Wir sind sehr traurig das die Aussies uns verlassen,“ fügte er hinzu. Die Presse schreibt, dass die Australier gute Botschafter für ihr Land sind, sie haben sogar ihr Geschirr im Trainingslager Ochsenzoll selbst abgewaschen.

Für die Australier heißt es Koffer packen und abreisen. Am Mittwoch nach dem Spiel fliegt das Aufgebot von Hamburg nach Berlin dem Austragungsort ihres letzten Spieles.
Kurz vor diesem Match, trifft Adrian Alston einige Vertreter des Berliner Fußballvereines Hertha BSC. Sie würden Adrian ebenfalls gerne verpflichten für die kommende Bundesliga Saison. Nach dem Treffen meint Alston, „Ich glaube, ich würde lieber zu Hertha gehen, als nach Hamburg. Sie wollen mir eine Menge mehr zahlen.“

Das dritte und letzte WM Spiel für Australien findet am Samstag, den 22. Juni um 16:00 im Berliner Olympia Stadion gegen Chile statt.

WM Spiel, Berlin, CHILE - AUSTRALIEN

Nach dem Spiel, lobt Präsident Sir Arthur George sein Team. „Die Mannschaft hat Australien vor 700 Millionen TV Zuschauern hervorragend vertreten. Ihr habt mehr getan für euer Land als manche Diplomaten, die im Ausland hunderttausende von Dollars ausgeben.“

	Land	Spiele	Sieg	Un.	Nied.	P	Tore
	DDR	3	2	1	0	5:1	4:1
	West Deutschland	3	2	0	1	4:2	4:1
	Chile	3	0	2	1	2:4	1:2
	Australien	3	0	1	2	1:5	0:5

Für die Australier ist das WM Abenteuer zu Ende. Trainer Rale Rasic umarmt jeden einzelnen Spieler. „Für uns wird das eine unvergessene Reise bleiben und es ist nicht so leicht Deutschland wieder zu verlassen,“ sagt er zu Reportern auf dem Flughafen Frankfurt. Von Berlin kommend, machen die Australier in Frankfurt einen Zwischenstopp bevor es mit Quantas weitergeht in Richtung Heimat.

Kapitän Wilson, Torhüter Reilly und “Einwurf Weltmeister” Richards, der ein Spiel Sperre für seine rote Karte gegen Chile bekam, genießen ihr letztes deutsches Bier an der Flughafen-Bar. Keeper Jack Reillys gibt bekannt das er Australien trotz einiger Angebote aus England und Spanien nicht verlassen wird. „Ich möchte meinem Land etwas zurückzahlen und spiele weiter in Australien.“

Auch Kapitän Wilson erhält Angebote aus England, aber auch er will nicht weggehen. „Ich verdiene nicht sehr viel Geld mit dem Fußballspielen in Australien, aber ich habe eine sehr schönes Leben dort unten, warum sollte ich dann wechseln und das alles aufgeben ?“, antwortet er.
Adrian Alston verhandelt nochmals mit Vertretern von Eintracht Frankfurt, sie bieten ihm einen besseren Vertrag als Berlin an. Alston will auch lieber zu der Eintracht gehen, möchte aber erstmal mit der Mannschaft zurück nach Australien fliegen. „Die Lage von West Berlin mitten in der DDR ist mir unheimlich, ich glaube Frankfurt wäre besser für mich, werde dieses aber erst mit meiner Familie besprechen,“ sagt er am Flughafen.

Auch Trainer Rasic hat einige gute Angebote aus der Schweiz, Österreich und Frankreich, allerdings würde er lieber seinen Vertrag mit dem australischen Verband verlängern.
Atti Abonyi verließ die Mannschaft schon in Berlin. Er flog zusammen mit seinem Vater in sein Heimatland Ungarn. Einige andere Spieler wollten noch gerne bis zum Finale bleiben, aber in Australien ist die Meisterschaft in der Mitte der Saison und die Vereine verlangen das die Spieler schnellstens zu ihren Mannschaften stoßen.
Alle sind ein wenig traurig als der letzte Aufruf für den Abflug durch die Flughafenlautsprecher klingt. Alles in allem ist die Mannschaft aber glücklich über das Erreichte bei diesem ersten Auftritt bei einer Fußballweltmeisterschaft.

Die deutsche Presse schrieb in Großbuchstaben auf dem Titelblättern – Thank you Australia, es war fantastisch das ihr hier gewesen seid. Die Socceroos antworteten brav auf Deutsch:
......................... „Aufwiedersehen Deutschland.“